«Manchmal wird mir alles zu viel…»

Rettungsanker für Eltern in Not

Bei der Familie Schwab leidet die Mutter an Multipler Sklerose und ihr Sohn ist ein Kind mit ausgeprägtem ADHS. Dank der Kinderbetreuung des SRK Solothurn schöpft die Mutter wieder neuen Lebensmut und Kraft.

Das Leben hält für Susanna Schwab, 44, mehr als eine Herausforderung bereit. Nach der Scheidung vom Vater der beiden älteren Söhne muss die junge Mutter ihr Leben neu aufbauen. Die ersten Schritte als alleinerziehende, berufstätige Mutter gelingen ihr und sie kann wieder etwas aufatmen. Sie verliebt sich im Büro in einen Arbeitskollegen. Die beiden erwarten ein gemeinsames Kind. Doch die glückliche Zeit währt nur kurz. Noch während der Schwangerschaft beendet ihr Partner die Beziehung und will vom Kind nichts wissen.

Anders als andere
Leandro kommt am 30. Oktober 2011 zur Welt. Ein weiteres Mal muss Susanna Schwab allein für den Nachwuchs sorgen. Früh bemerkt die erfahrene Mutter, dass sich ihr jüngstes Kind anders entwickelt als die beiden älteren Söhne: Leandro nimmt keinen Augenkontakt zu ihr auf, seine Lernfähigkeit scheint eingeschränkt. Nach intensiver Abklärung folgt die Diagnose einer ausgeprägten Aufmerksamkeitsdefizits-Hyperaktivitätsstörung (ADHS). «Für mich war das nicht überraschend. Als Mutter spürst du das. Zu wissen, weshalb Leandro so anders reagiert als andere Kinder, war für mich eine Erleichterung.»

Als wären die drei Buben nicht genug Herausforderung – und Leandro braucht besonders viel Aufmerksamkeit und Zeit – bemerkt Susanna Schwab plötzlich Veränderungen bei sich selber. Schwindelanfälle, Gedächtnislücken, starke Müdigkeit, Schmerzen im Arm. «Ich kenne meinen Körper sehr gut. Ich fühlte, dass diese Symptome etwas Schlimmes bedeuten und machte mir ernstzunehmende Sorgen», sagt Susanna Schwab. Umfassende Abklärungen ergeben ein erschütterndes Ergebnis: Multiple Sklerose. «Ich konnte nicht mehr. Wegen der unerträglichen Schmerzen im Arm, den Schmerzmitteln, die mich so müde machten und der rundum Betreuung von Leandro brach ich zusammen», erinnert sich die Mutter.

Susanna Schwab wendet sich an das Rote Kreuz Solothurn. Die 47-jährige Harieta Friedli, Kinderbetreuerin des SRK Solothurn, kümmert sich seit Anfang 2018 um den Jungen. Regelmässig besucht sie ihn am Samstagnachmittag. Die beiden spielen zusammen, albern unbeschwert rum oder unternehmen Ausflüge. Bei der Begrüssung schmiegt er sich an die sympathische Frau und will sie gar nicht mehr loslassen. Kein Wunder: Mit ihrer ruhigen Art, den warmherzigen Augen und dem verschmitzten Lächeln strahlt die Kinderbetreuerin Herzlichkeit und Geborgenheit aus. «Harieta ist ein Glücksfall. Für mich ist wichtig, dass sich Leandro wohl fühlt», erzählt die Mutter.

Insel der Erholung
«Dank den regelmässigen Besuchen von Harieta geht es mir besser. Ich habe gelernt, mich in diesen freien Stunden zu erholen.» Trotz der positiven Energie, die Susanna Schwab nach all den vielen Schicksalsschlägen immer noch hat und ausstrahlt, werden ihre Augen feucht, wenn sie in die Zukunft blickt: „Ich habe Angst, nicht genug Zeit zu haben, die ich mit meinen Kindern verbringen möchte. Angst, dass mich die Krankheit zu sehr einnimmt und mir die Kinder weggenommen werden, weil ich mich nicht mehr um sie kümmern kann.